Sie sitzt in ihrem Zimmer, schaut ins Leere, wischt mit der Hand immer hin und her. Ganz schmal ist sie, die Operationsnarbe am Kopf noch frisch. Ein Gespräch führen? Geht nicht. Gemeinsam ein Bild malen? Seit einigen Tagen auch vorbei.
Was geht in dieser jungen Frau vor, deren Leben vor vier Wochen durch einen Hirntumor auf den Kopf gestellt wurde?
Der beste Weg, um sich ihr anzunähern, ist, in ihre Welt einzutreten. Wie? Sie handelt, also mache ich mit, wische mit ihr, summe dazu, male rote Linien parallel zu ihren Bewegungen. Tue scheinbar absurde Dinge.
Auf einmal greift sie meine Hand, streichelt sie. Dann fällt ihr Blick auf ein Foto, Zärtlichkeit darin. „Die hast du lieb“, mein Versuch, ihren Ausdruck in Worte zu übersetzen. Und dann überraschend ihr Satz: „Die habe ich megalieb.“ Und weiter mit traurigem Gesicht: „Wir haben viel gestritten.“ Meine Übersetzung: „Und das bedauerst du?“ Nicken.
Dann kommt mir eine Idee: „Wir können das in einem Brief aufschreiben.“ Nicken.
Gesagt getan. Nur zwei Sätze sind es, aber dafür voller Bedeutung. Und darunter schreibt sie: „Deine Mama.“ Letzte Worte einer Mutter an ihre Tochter.