Momente der Begegnung – eine persönliche Erfahrung im Hospiz:

Zur Ruhe kommen

Seine Unzufriedenheit trifft jeden, der sein Zimmer betritt. Lautstark beschwert er sich über alles, was nur möglich ist: das Essen ist fad, er wird hier bevormundet, niemand kümmert sich, er wird vergessen… So geht es in einem fort. Die Welt ist gegen ihn, und genau so hat er sich bereits in den vergangenen Jahren in die völlige Vereinsamung gebracht. Nur die Katze konnte noch sein Herz erreichen.

Je mehr sich jetzt gesundheitlich die Schlinge zuzieht, desto mehr wütet er gegen alle und alles. Was tun? Ihn so lassen? Doch da ist so viel Verzweiflung hinter seiner Wut spürbar.

Heute beschließe ich daher einen neuen Versuch, indem ich einfach die Ebene wechsele. Kein Gespräch, sondern Atembegleitung. Er ist luftnötig, trägt eine Sauerstoffbrille. Ich fasse unter sein Schulterblatt und halte die andere Hand von vorne dagegen. So gehe ich in meiner Berührung und Bewegung mit seiner Atmung mit. Auf einmal beginnt er zu seufzen, atmet mit einem leisen Ton aus und Spannung fällt ab.

Am Ende der Abschied, beide Hände reicht er, und da ich eine Weile fort sein werde, wünsche ich ihm einen sanften Abflug. Ganz sanft ist auch er geworden und sagt: „Ja, das wäre schön.“