Momente der Begegnung – eine persönliche Erfahrung im Hospiz:

Versöhnung

Zehn Jahre nach dem Kontaktabbruch hat sie sich zum Besuch bei ihrem todkranken Vater angemeldet. Davon hätte er immer geträumt, sagt er, aber nicht geglaubt, dass es möglich sein könnte. Keiner kannte die Adresse des anderen, nur durch einen wunderbaren Zufall hatte sie mitbekommen, dass ihr Vater im Hospiz ist.

„Erst war ich unsicher, was sie von mir wollen könnte. Vorwürfe vielleicht? Aber dann habe ich mich für das Gute entschieden und bin ihr auf dem Flur mit ausgestreckten Armen entgegengegangen, wir haben uns lange umarmt. Und wir haben beide beschlossen, die Vergangenheit ruhen zu lassen und das Jetzt miteinander zu teilen. Das war so schön. Was sie alles in ihrem Leben gemeistert hat. Ich bin so stolz auf sie.“ Pause. Nachdenklicher Blick. „Und ich habe ihr gesagt, dass ich sie liebe.“ Ein tiefer Seufzer. „ Das wollte ich unbedingt noch machen, das hatte ich mir vorgenommen.“

Wie viel es gutmachen kann, einander zu verzeihen, denke ich und sehe es in seinem weichen, glücklichen Gesicht. Und auch das ist Verzeihen: ohne viele Worte, dafür in Taten. „Das haben wir beide miteinander hingekriegt“, sagt er ganz beeindruckt. „Wozu doch der Mensch in der Lage sein kann!“