Was mir auffällt sind Situationen von Kolleginnen, die das Training nicht besucht haben und meine Tipps nicht umsetzen wollen, weil sie dies als ‚doof‘ oder ‚unnötig‘ empfinden.

Zum Beispiel eine Situation, in der ein Bewohner mit einem Stift auf eine Plastikbox schlägt:

Eine Kollegin geht zu ihm, nimmt ihm den Stift und die Box weg, sagt nebenbei, dass es stört, und geht wieder weg. Der Bewohner steht schnell auf, rennt der Kollegin nach und schlägt ihr auf den Rücken. Die dreht sich um und hält ihm die Hand fest, wird etwas lauter und sagt später bei der Übergabe: „Dieser Bewohner war heute aggressiv.“

Diese Äusserung machte mich traurig, weil mir das Training die Augen geöffnet hat.

Ich hatte eine ähnliche Situation mit demselben Bewohner. Er stand und hielt wieder einen Stift in der Hand, zeichnet damit auf einem Holztisch, allerdings ohne Papier oder einer Unterlage.

Als erstes suchte ich Augenkontakt mit ihm und führte dann seinen Blick auf meinen Finger, welchen ich neben seine Hand, die den Stift hielt, gelegt hatte. Unter meinen Finger habe ich dann ein Stück Papier gelegt. Der Bewohner führte dann seinen Stift auf das Papier und machte Vor- und Zurück-Bewegungen. Dazu machte ich dann ein passendes Geräusch. Wenn ich schneller wurde, wurde der Bewohner schneller. Wenn ich langsamere Geräusche machte, wurde auch er langsamer. Nach einigen Minuten atmete ich tief ein und aus (hörbar und sichtbar) und hielt inne. Da stoppte auch der Bewohner und legte den Stift nieder. Er setzte sich anschliessend auf einen Stuhl und lächelte.

Genau dieselbe Kollegin hatte diesen Verlauf beobachtet und äussert darauf: „Das war aber jetzt sehr interessant.“ Sie habe dies noch nie gesehen, dass der Bewohner so zufrieden sei.

Erst nach diesem Erlebnis konnte ich ihr Tipps mit auf ihren Weg geben. Durch Erzählungen allein konnte sie diese vorher nicht ernst nehmen.

Jeannine Leuenberger, Fachfrau Gesundheit