Momente der Begegnung – eine persönliche Erfahrung im Hospiz: leuchtende Augen, wie sonst selten.
“Lieber Gott, lass mich bald sterben”
Schweigend liegt sie im Bett, es ist sehr heiß. Seit Tagen isst und trinkt sie schon nichts mehr. War das die richtige Entscheidung, einen möglicherweise langen Prozess des Sterbens so abzukürzen? Gibt es vielleicht noch etwas, was ihr auf der Seele liegt? Diese Frage ist der Anlass, warum auch ich als Therapeutin zu ihr gehe.
Erst ist sie schweigsam, dann bricht es aus ihr heraus, heftig: „Lieber Gott, lass mich bald sterben!“ Was kann ich dazu sagen? Gar nichts. Aber mir fällt ein Lied ein: ‚So nimm denn meine Hände und führe mich, bis an mein selig Ende und ewiglich…‘ Das singe ich für sie, leise und langsam. Und sie reagiert: ruhig wird sie, schaut vor sich hin, dann schluchzt sie auf einmal tief auf und wird ganz still, noch stiller.
Als ich ende, schaut sie mich an: „Danke!“ Dabei ist ihr Blick erstmalig ganz offen, ja sogar beseelt. Und mir kommt es vor, als ob in ihrem Inneren eine Tür aufgegangen und es ein Stück heller geworden ist. Und dieses Licht strahlt jetzt von ihr zu mir.
Nur drei Tage später steht die Kerze vor ihrer Tür im Hospiz. Und ich erinnere mich mit Dankbarkeit an ihre leuchtenden Augen.
R.I.P.