Momente der Begegnung – eine persönliche Erfahrung im Hospiz:

Eine Tür öffnet sich.

Seine Diagnose hat er erst vor wenigen Wochen bekommen und ist doch bereits im Hospiz. Es ging alles sehr schnell. Dies ist auch der Grund, warum ich ihn in seinem Zimmer besuche.
Nach ein paar Minuten sagt er dann plötzlich: ich habe meine Tochter seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Da habe ich Mist gebaut. Und ich würde ihr doch so gerne noch einmal sagen, dass ich sie lieb habe. Aber ich weiß nicht wie. Ich weiß noch nicht einmal, wo sie wohnt. Tränen stehen in seinen Augen.

Dieser Schmerz berührt mich. Und ich mach ihm ein Angebot: „Wir könnten zusammen einen Brief an sie schreiben. Ich stelle Ihnen Fragen, Sie erzählen, ich schreibe mit. Sie können ihr sagen, was Sie bedauern, ihr sagen, was sie Ihnen bedeutet.” Mit großen Augen schaut er mich an.

Und ich denke: Natürlich werden wir alles versuchen, um den Brief seiner Tochter zuzustellen. Aber selbst wenn der Brief sie nie erreichen sollte, er hat ihn doch geschrieben, hat zu Papier gebracht, was ihm auf der Seele liegt. Und mit dieser Idee ist für ihn sichtlich eine Tür aufgegangen. Noch lange winkt er mir nach: „Wie schön, dass Sie da waren. Ade. Bis bald.” Übermorgen komme ich wieder.