Angeregt und ohne Pause spricht sie zu uns, ihren Eltern und mir. Dabei ist sie sehr kreativ in den Neuschöpfungen ihrer Wörter. Auch enden ihre Sätze oft auf halbem Weg. Dennoch ist sie voller Mitteilungsbedürfnis und Gefühl – erkennbar im Ausdruck ihrer Stimme und Mimik. 

Den Weg zu ihr finden, das versuche ich nun: Der erklingende Ton eines Instruments – erreicht sie nicht. Als ich ihre Hände berühre – kommt dies nicht bei ihr an. Der Hirntumor scheint die Verbindung nach außen zu großen Teilen unterbrochen zu haben. Dennoch ist ihre Aufmerksamkeit eindeutig auf etwas gerichtet: ihre Worte. 

Also setze ich mich ihr unmittelbar gegenüber, so dass sie mein Gesicht sehen kann, höre ihr aufmerksam zu und beginne, ihr zu antworten: „Der Surfburf hatte doch…“, sagt sie mit grübelndem Gesicht. „Ja, der Surfburb, was hatte der bloß?“, antworte ich ebenso nachdenklich „Unglaublich!“, erwidert sie aus vollem Herzen. „Wirklich unglaublich“, bestätige ich mit Nachdruck.
Währenddessen ruht ihre Hand in meiner, drückt hier an meinen Fingern und zieht mal da, alles ganz unwillkürlich. Manchmal atmet sie tief aus und ich lasse ein hörbares Seufzen folgen. Oder aber ich erwidere den Druck ihrer Finger. So spinne ich feine Fäden zu ihrer Wirklichkeit.

Und allmählich entsteht Verbundenheit. Jenseits des Denkens und dennoch erfüllt von Sinn. Und in diesem Raum beginnt sie allmählich bei sich anzukommen und sich immer mehr zu entspannen. Am Ende ruht sie in ihrem Kissen, die Augen geschlossen, gelöst. 

Mit Tränen in den Augen verabschieden mich ihre Eltern. Auch sie haben erfahren, dass ihre todkranke Tochter nach wie vor lebendig, Dialog mit ihr möglich und sie eingebunden ist in das Miteinander von Mensch zu Mensch.