„Ständig meckert er, dass sie nicht im Rollstuhl sitzt, sondern im Bett liegt.
Sieht er denn nicht, wie schlecht es ihr geht?
Ich habe es ihm deutlich erklärt, aber er versteht es einfach nicht.“

So höre ich die Beschreibung meiner KollegInnen während der Fallbesprechung.

Spätestens jetzt werde ich hellhörig und frage mich:

❓Warum versteht er es nicht?
Was steht dabei im Weg?

💯 Höchstwahrscheinlich eine Kommunikationsbarriere.
Was bedeutet das?
Es macht keinen Sinn, mit den Strategen fortzufahren, die nicht zum Ziel geführt haben:
Immer wieder dasselbe sagen, möglicherweise noch laut und ärgerlich.

Sondern:
Die Ebene wechseln. Herausfinden, was im Weg steht.
Vielleicht fragen:
„Was ist Ihnen daran wichtig, Ihre Frau im Rollstuhl anzutreffen?“
„Wie schätzen Sie selber den Zustand Ihrer Frau ein? Was sehen Sie?“

Wenn jedoch der eigene Ärger bereits groß ist, geht das nicht.
Wer im Stress ist, kann nichts Neues ausprobieren. Sondern darf erst einmal in sich wieder Gelassenheit finden.
Das merke ich an der Reaktion der Kollegin auf meine Ideen.

Also übernehme ich das Gespräch mit dem Ehemann.
Und sofort fließen Tränen bei ihm, viele:
„Ich kann es nicht aushalten, sie sterben zu sehen. Am liebste würde ich gar nicht mehr kommen. Aber ich will sie auch nicht alleine lassen.“

Ganz klar: Starke Emotionen erfüllen ihn. Steuern ihn. Blockieren sein Denken.

Wenn ich diese nicht bemerke, sondern auf der vermeintlichen Sachebene bleibe, dann erreichen meine Worte ihn nicht.

Was braucht er?
Die Emotionen (vorsichtig) benennen. Ohne Bewertung. Ihnen Platz geben:

Er redet und weint viel.
Ich höre ihm dabei zu, nehme ihn einfach an. Ohne etwas ändern zu wollen.
Dann klärt sich etwas in seinem Inneren.
Und er selbst kann jetzt sagen:
„Eigentlich ist sie viel zu schwach, um im Rollstuhl zu sitzen. Es war letztens doch so schön mit ihr auf der Terrasse. Das hätte ich so gerne mit ihr noch einmal geteilt.“

Kein einziges Mal hat er danach nochmals gereizt gefordert, seine Frau in den Rollstuhl zu setzen. Wohl hat er seinen Wunsch geäußert. Dann aber selber gesagt: „Ich sehe ja, sie ist viel zu schwach.“

KommunikationOhneWorte: Wir achten auf die Emotionen in Gesicht und Stimme, lernen miteinander in den Trainings, diese sicher zu identifizieren und einen Raum anzubieten, sie auszudrücken. Ohne Worte.
So gehen wir mit Kommunikationsbarrieren um. Und stiften Entspannung. Selbst in den größten Krisen des menschlichen Daseins.