Momente der Begegnung – eine persönliche Erfahrung im Hospiz:

Spannung teilen

Sie liegt in ihrem Bett, klammert sich ganz fest an der Aufrichtehilfe über ihr, der kleine, fragile Körper in Anspannung und ständiger Bewegung. Sie zu fragen, was ihr zu schaffen macht, geht nicht, dafür ist sie zu verwirrt. Aber, als ich ihr stattdessen meine Hände als Halt anbiete, versteht sie sofort und greift zu. Gemeinsam halten wir einander nun, schauen uns dabei in die Augen. Ja, ich feuere sie sogar an, noch fester zu halten. Das tut sie, ich ebenfalls.

Nicht vor der Spannung fliehen, sondern sie gestaltbar machen, denke ich. Und dann ein gemeinsames Ausatmen, aaah. So halten wir uns und bei jedem Ausatmen lösen wir die Anspannung der Hände und tönen gemeinsam. „Das tut so gut“, kommt von ihr.

Sie braucht jemanden, der in ihre Anspannung miteinsteigt, um diese im Miteinander zu lösen.
Irgendwann singen wir Töne, Wörter, die ihr durch den Sinn gehen, z. B. „Sterne am Himmel“ und ich singe „Weißt du, wie viel Sternlein stehen“. Als ich mich verabschiede, liegt sie lächelnd in ihrem Bett, tönt mit jedem Ausatem, bewegt ihre Arme tänzerisch durch die Luft.

Manchmal es ist ein unbequemer Moment, der geteilt werden will, damit dadurch in der Begegnung Raum für Veränderung entstehen kann.